Immer wieder kommen Menschen zu mir in die Praxis, sie hätten "Unspezifische Verdauungsstörung" und ich solle mal über die Ernährung drüber schauen. Vielleicht könne man da ja doch etwas verbessern. Oft lautet die Diagnose dann Reizdarm. Doch was ist das genau und was kannst Du dagegen tun?
Dieser Artikel ist bereits 2017 entstanden. Aufgrund des Updates der S3-Leitlinie für Reizdarmsyndrom habe ich den Artikel auf den neuesten Stand gebracht und entsprechend aktualisiert.
Reizdarm - Oft ein langer Leidensweg
Häufig haben diese Klient:innen, die mit der Diagnose Reizdarm oder mit unspezifischen Verdauungsbeschwerden in meiner Praxis landen, einen langen Leidensweg hinter sich. Sie wurden von Arzt zu Arzt weitergereicht, haben viele Untersuchungen gemacht und sind oftmals mit einem oder mehreren der folgenden Sätzen aus der Behandlung entlassen worden:
- "Das könnte an der Ernährung liegen",
- "Man würde halt irgendetwas nicht vertragen" oder
- "Das könnte auch psychisch bedingt sein" usw.
- Und hin und wieder fällt auch das Wort "Reizdarm" und "Da kann man nix machen, damit muss man dann halt leben"
Und viel zu häufig haben sie auch schon etliche Diäten, Ernährungsformen oder Ernährungsempfehlungen irgendwelcher selbsternannter Ernährungsgurus befolgt. Meist mit nur mässigem bis gar keinem Erfolg.
Das Phänomen Reizdarm
Tatsächlich ist es so, dass sich Verdauungsbeschwerden dieser Art häufen. Neben den Nahrungsmittelunverträglichkeiten ist der "nervöse Darm" - so wurden funktionelle Verdauungsstörungen oder auch Reizdarm in den 90er Jahren genannt - die häufigste funktionelle Magen-Darm-Erkrankung.
In den USA tauchten in dieser Zeit vermehrt Patienten auf, die unter regelmässigen Verdauungsbeschwerden wie Durchfall, Blähungen, Bauchkrämpfen oder Verstopfung litten. Den Forschern war das Phänomen vor allem bei jungen Menschen bekannt, die vor einer Prüfung oder bei außergewöhnlicher Aufregung schlagartig auf die Toilette müssen. Nach dem Stress war der Stuhldrang dann aber auch schon wieder vorbei.
Mittlerweile weiß man, eine psychische Belastung und großer Stress haben einen maßgeblichen Einfluss auf unser Verdauungssystem. Die TCM kennt dieses Phänomen unter dem Syndrombild Holz attackiert Erde.
Reizdarm-Patienten nehmen zu
Was hat es mit der steigenden Anzahl an Erwachsenen auf sich, die unter solchen unspezifischen Verdauungsbeschwerden leiden?
In unserer stressbehafteten Zeit ist es kein Wunder, dass die Anzahl der an Reizdarm leidenden Menschen steigt. Aber auch der steigende Konsum an Halbfertig- und Fertigprodukten könnte eine Ursache dafür sein. Solche Convenienceprodukte enthalten vermehrt Emulgatoren, Stabilisatoren, Geschmacksverstärker, Konservierungsstoffe, Farbstoffe und andere Lebensmittelzusatzstoffe, die unser Körper erst einmal verdauen muss. Nahrungsmittelunverträglichkeiten erschweren häufig die Situation.
Großer Leidensdruck ohne Zellschäden
Auch wenn die Symptome dieser unspezifischen Verdauungsstörungen bzw. eines Reizdarms definitiv und oftmals auch massiv die Lebensqualität beeinträchtigen, sind aus heutiger Sicht keine Spätfolgen bekannt. Der Darm und die Darmschleimhaut tragen keine Zellschäden davon.
Anders als bei Autoimmunerkrankungen wie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder Zöliakie, bleibt die Zellstruktur im Darm erhalten. Das ist die positive Nachricht!
Nichts desto trotz ist die Belastung einer solchen funktionellen Verdauungsstörung im Alltag groß. Zum einen ist es eine psychische Belastung, zum anderen beeinträchtigen die physischen Beschwerden die Betroffenen in ihrer Lebensqualität maßgeblich.
Die Diagnose Reizdarm
Um einen Reizdarm festzustellen muss eine gründliche Diagnose erfolgen. Das ist wichtig, um ernsthafte Erkrankungen, die nicht nur die Darmschleimhaut schädigen können, ausschließen zu können.
Per Definition ist es dann ein Reizdarm, wenn es sich dabei um häufig wiederkehrende, chronischen Verdauungsbeschwerden handelt, die länger als 3 Monate anhalten und mit Stuhlgangsveränderungen einhergehen. Wenn das für Dich zutrifft, dann solltest Du unbedingt einen Arzt aufsuchen, um folgende Erkrankungen auszuschließen:
- Zöliakie
- Darmentzündungen
- Divertikelkrankheit, Polypen oder Darmkrebs
- Magengeschwüre, Magenkrebs
- Erkrankungen der Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse, Milz oder Nieren
- Erkrankungen der Gebärmutter oder Eierstöcke
Zusätzlich zu den Untersuchungen, die notwendig sind, um eine Ausschlussdiagnose durchzuführen, können H2-Atemtests gemacht werden. Dabei werden dann eine Laktoseintoleranz, eine Fruktosemalabsorption oder eine Dünndarmfehlbesiedelung ausgeschlossen. Erst dann, wenn hier nichts gefunden wurde, spricht man von einem Reizdarmsyndrom bzw. von einer funktionellen Verdauungsstörung.
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Gibt es generelle Ernährungsempfehlungen bei Reizdarm?
"Generelle Ernährungs- und Lebensstilempfehlungen beim Reizdarmsyndrom können nicht gegeben werden", heißt es in der S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom. Und weiters steht in den Kommentaren, dass die Datenlage für eine evidenzbasierte Empfehlung spärlich und noch widersprüchlich sei.
Das spiegelt auch meine Erfahrung wider. Denn die Ernährungsempfehlungen richten sich nach den jeweiligen Symptomen des Einzelnen. Und das erfordert wiederum eine individuelle Betreuung in der Ernährungsberatung.
Die Vorteile der integrativen Ernährungsberatung liegen gerade bei funktionellen Verdauungsstörungen auf der Hand. Durch die Kombination von fundierter Ernährungswissenschaft mit dem Wissen der jahrtausendealten Traditionellen Chinesischen Medizin eröffnet ein wesentlich größeres Beratungsspektrum.
In meiner Premiumbetreuung hast Du außerdem die Möglichkeit, mich jederzeit zu erreichen und sofort die Unterstützung zu erhalten, die Du um Moment benötigst. Hast Du Fragen dazu, dann buche doch gleich ein kostenloses und unverbindliches Orientierungsgespräch.
Was kannst Du präventiv tun?
Damit Du gleich etwas tun kannst, habe ich hier ein paar Tipps, die Deinen Darm schonen und präventiv helfen können.
Vermeide Fertig- und Halbfertigprodukte
Lebensmittelzusätze sind oftmals für den technologischen Produktionsprozess notwendig, stellen aber für unseren Körper manchmal eine zu große Belastung beim Verdauen dar. Vor allem dann, wenn sie im Übermaß konsumiert werden.
Du weißt es ja wahrscheinlich schon: Ich arbeite gerne mit echten Lebensmitteln und frisch gekochten, genussvollen Speisen.
Ohne Mangel keine NEM's
Nimm nur solche Nahrungsergänzungsmittel und Zusatzstoffe, die Du auch wirklich benötigst. Multivitaminpräparate einfach auf Verdacht einzunehmen oder Nahrungsergänzungen in Bausch und Bogen zu schlucken, ohne einen Mangel festgestellt zu haben, belastet nur unseren Körper.
Häufig sind diese Produkte auch noch eine große Belastung für die Geldbörse. Im besten Fall produziert Du dadurch nur teuren Harn oder teuren Stuhl ohne eine Nutzen daraus zu ziehen. Im schlimmsten Fall belastest Du damit Deinen Verdauungstrakt so stark, dass Du daraufhin Verdauungsprobleme bekommst.
Ein kleines Beispiel ist Magnesium, welches häufig präventiv gegen Muskelkrämpfe im Sport genommen wird. Durchfälle sind die Folge. Dabei können Muskelkrämpfe auch durch zu wenig Trinken entstehen.
Lies dazu auch gerne meinen Artikel zum Thema Nahrungsergänzungsmittel.
Iss morgens ein warmes, gekochtes Frühstück
Dein Körper braucht ein bekömmliches Frühstück, aus welchem er die Energie für den ganzen Tag ziehen kann. Die Verdauungskraft ist in der Früh am stärksten, da können wir das meiste aus dem Essen herausholen.
Du kannst dazu einfach ein klassisches Porridge machen. Aber auch ein Hirsebrei oder eine Suppe oder zur Abwechslung eine Eierspeis (Rührei) mit Tomaten und Toast versorgt Dich mit allem, was Du brauchst. Ein traditionell steirisches Frühstück war ein Sterz, der aus Buchweizen gemacht wurde.
Etwas experimenteller aber wirklich einen Versuch wert, ist mein Karottenporridge.
Meide scharfe und heiße Gewürze im Übermaß
Chili, getrockneter Ingwer, Zimt und Knoblauch gelten in der TCM als thermisch heiß und scharf und können die Darmschleimhäute reizen. Meist werden genau solche Gewürze auch nicht sehr gut vertragen.
Verwende statt dessen frische Kräuter und Gewürze, die als verdauungsfördernd gelten. Dazu zählen beispielsweise Kümmel, Fenchel, Anis, Kardamom, Rosmarin oder Dille. Diese werden häufig auch von Menschen mit funktionellen Verdauungsbeschwerden oder Reizdarm ganz gut vertragen.
Reduziere Kaffee und schwarzen Tee
Kaffee im Ausmaß von mehr als zwei Tassen kann ebenfalls Deinen Verdauungstrakt belasten. Auch wenn Kaffee längst rehabilitiert ist, kann dennoch ein zu viel davon im Einzelfall zu vermehrten Durchfällen oder anderen Verdauungsproblemen führen. Das kannst Du aber ganz leicht ausprobieren, ob das bei Dir zutrifft.
Verzichte einfach ein paar Tage auf Kaffee und schwarzen Tee und beobachte, ob es Dir dabei besser geht.
Mehr Artikel zum Thema Ernährung und Verdauung findest Du auf der gleichnamigen Übersichtsseite.
Alles Liebe,
Susanne
Schreib mir doch!
Hast Du schon einmal von funktionellen Verdauungsstörungen, unspezifischen Verdauungsbeschwerden oder Reizdarm gehört? Schreib mir in einem E-Mail oder Kommentar ob Dich solche Themen interessieren!
Liebe Susanne Lindenthal,
sehr lesenswerter Blogartikel, danke dafür!
Alles Liebe
Dr. Annette Pitzer
Liebe Annette,
freut mich sehr, dass er Dir gefällt.
LG Susanne