Es war einmal ein armes, frommes Mädchen, das lebte mit seiner Mutter allein, und sie hatten nichts mehr zu essen. Da ging das Kind hinaus in den Wald, und begegnete ihm da eine alte Frau, die wusste seinen Jammer schon und schenkte ihm ein Töpfchen, zu dem sollt es sagen: „Töpfchen, koche“, so kochte es guten, süßen Hirsebrei, und wenn es sagte: „Töpfchen, steh“, so hörte es wieder auf zu kochen.
Das Mädchen brachte den Topf seiner Mutter heim, und nun waren sie ihrer Armut und ihres Hungers ledig und aßen süßen Brei, sooft sie wollten.
Auf eine Zeit war das Mädchen ausgegangen, da sprach die Mutter: „Töpfchen, koche“, da kocht es, und sie isst sich satt; nun will sie, dass das Töpfchen wieder aufhören soll, aber sie weiß das Wort nicht. Also kocht es fort, und der Brei steigt über den Rand hinaus und kocht immerzu, die Küche und das ganze Haus voll und das zweite Haus und dann die Straße, als wollt’s die ganze Welt satt machen, und ist die größte Not, und kein Mensch weiß sich da zu helfen. Endlich, wie nur noch ein einziges Haus übrig ist, da kommt das Kind heim und spricht nur: „Töpfchen, steh“, da steht es und hört auf zu kochen, und wer wieder in die Stadt wollte, der musste sich durchessen.
Dieses und ähnliche Märchen sprechen vom Hirsebrei, als wäre dieser für eine ausgewogenen Ernährung ausreichend. Tatsächlich leitet sich der Name aus dem indogermanischen Wort für „Sättigung, Nährung, Nahrhaftigkeit“ ab.
Botanisch gesehen
Hirse ist eine Sammelbezeichnung für kleinfrüchtiges Spelzgetreide das zur Familie der Süßgräser [Poaceae] gehört. Die bei uns genutzte Rispenhirse [Panicum miliaceum] wurde in China bereits schon vor 4000 Jahren landwirtschaftlich genutzt und gilt heute noch in wirtschaftlich ärmeren Regionen als das wichtigste Nahrungsmittel. Bei uns wurde sie zunehmend durch Mais und Kartoffeln verdrängt. Dabei ist die Hirse eines der mineralstoffreichsten Getreidesorten und gilt auch geschält noch als Vollkorngetreide, da beim Schälen nur die Spelze, nicht jedoch der Keimling entfernt wird. Dieser liefert im Getreidekorn den höchsten Mineral- und Vitaminstoffgehalt. Hirsesorten unterscheiden sich in Farbe und Schale und manche Sorten lassen sich nur schwer schälen, wie z.B. die Braunhirse, die deshalb vorwiegend als Mehl verwendet wird. Braunhirse im Ganzen wird aufgrund der Spelze auch durch langes Kochen nicht weich. Als Mehl kann sie jedoch bis zu 20 % herkömmlichem Mehl zugesetzt werden und so die Mahlzeiten mit ihren wertvollen Inhaltsstoffen bereichern. Die bei uns häufig eingesetzte Goldhirse lässt sich relativ leicht schälen und daher auch gekocht als Brei, in Gemüsesuppen oder als Getreidebeilage gut einsetzen.
Die inneren Werte
Hirse und vor allem die ungeschälte Braunhirse gilt als einer der wichtigsten Kieselsäurelieferanten. Sie enthält bis zur doppelten Menge des Tagesbedarfs an Kieselsäure und sorgt so für eine ausreichende Siliciumversorgung. Damit stärkt man Haare, Haut, Nägel und Knochen und sorgt so auf natürliche Art und Weise gerade mit zunehmendem Alter für eine Osteoporoseprophylaxe und für straffe Haut. Neben der Kieselsäure enthält Hirse ausreichende Mengen an den Mineralien Kalium, Kalzium, Magnesium und Eisen. Auch die Vitaminversorgung kommt mit der Hirse auf ihre Kosten. Sie deckt eine ganze Reihe der B-Vitamine ab und enthält außerdem das fettlösliche Vitamin E, welches antioxidativ wirkt. Der Eiweißgehalt ist mit 10 bis 15 % recht hoch, allerdings fehlen dem Eiweiß der Hirse einige essenzielle Aminosäuren, weshalb sie nur in Kombination mit anderen Lebensmitteln wie Obst und Gemüse eine volle biologische Wertigkeit erlangt.
Die Expertenmeinungen gehen bei der Frage, ob Hirse roh oder gekocht verzehrt werden sollte, auseinander. Die rohe Hirse enthält kleine Mengen an Phytin bzw. Phytinsäure. Diese bindet im Darm die Mineralstoffe und Spurenelemente und kann somit zu einer verminderten Aufnahme dieser führen. Andererseits werden der Phytinsäure auch positive Wirkungen in der Krebsprävention nachgesagt. Es gibt sowohl vom rohen als auch vom gekochten Verzehr positive Erfahrungsberichte.
Ob roh oder gekocht, wer häufig Hirse in seinen Speiseplan einbaut, trägt damit positiv zum Cholesterinstoffwechsel bei und stärkt auch noch sein Nervenkostüm. Sehr gute Erfahrungen wurden bei diversen Stoffwechselstörungen gemacht, die mit rheumatischen Beschwerden einhergehen. Somit kann sich der regelmäßige Genuss von Hirse förderlich bei Rheuma und Gicht, aber auch bei Arthrose auswirken. Auf die Durchblutung und die Elastizität der Gefäße scheint die Hirse und besonders die Braunhirse positive Effekte zu haben und bei Arteriosklerose wurden ebenfalls sehr gute Erfahrungen gemacht.
Was sagt die TCM dazu?
In der Traditionellen Chinesischen Medizin ist die Hirse dem Element Erde zugeordnet und ist thermisch neutral bis kühlend. Sie hat einen besonderen Bezug zu den Funktionskreisen Milz und Magen, aber auch zur Niere. Sie tonisiert das Qi und wirkt daher förderlich bei Bindegewebsschwäche, Nervenschwäche und Appetitlosigkeit. Hier gehen die beiden Denkmodelle westliche und 5-Elemente-Ernährungslehre konform und sind sowohl mit den reichhaltigen Inhaltsstoffen als auch mit der Mitte stärkenden Wirkung erklärbar. Hirse ist außerdem in der Lage, Nässe und Feuchtigkeit auszuleiten bzw. zu transformieren und kann daher auch gut bei Pilzerkrankungen, wie z.B. Candida, eingesetzt werden. Bei rebellierendem Magen-Qi wirkt die Hirse regulierend. Hier kocht man beispielsweise bei Übelkeit am Morgen eine Hirsesuppe oder ein Congee. Bei einer sehr schwachen Verdauung und ständig wässrigem Stuhl aufgrund von Kälte ist Vorsicht geboten. Hier sollte man die Hirse unbedingt zuerst anrösten.
Verwendung
Neben dem süßen Brei bieten Hirseaufläufe, ob süß oder pikant, Hirselaibchen und Getreide-Gemüse-Pfannen mit Hirse oder ein herzhaftes Hirsotto, als Alternative zum Risotto, kulinarische Bereicherungen im Küchenalltag. Aus dem Mehl der Hirse werden u.a. traumhafte Süße Hirse-Palatschinken.
Literaturnachweis
Der süße Brei, Kinder- und Hausmärchen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm), 1812-15, KHM 103, Zugriff 14.02.2015
BLARER ZALOKAR, U., FENDRICH, B., HAAS, K., KAMB., P., RÜEGG, E. (2009), Praxisbuch Nahrungsmittel und Chinesische Medizin, Schiedlberg, Bacopa Verlag.
HIRSCH, S., GRÜNBERGER, F. (2012), Die Kräuter in meinem Garten, Linz, Freya Verlag.
Hallo Susanne,
da ich auf Hirse, Goldhirse gestoßen bin bezüglich Thema Bindegewebe, Arterien etc., nun ein paar Mal rohe Goldhirse in mein Joghurt hinzu gab und zu recherchieren angefangen habe, erschienen natürlich gleich als erstes wortgleiche Mahnungen!
Sehr hilfreich die Infos dazu auf dieser Deiner Seite!
Ich werde dahingehend weiter recherchieren…
Lieben Dank und einen schönen Rest-Mildwinter
Barbara
Liebe Barbara,
es freut mich sehr, dass mein Artikel hilfreich für dich ist!
Alles Liebe,
Susanne
Sehr, sehr nett und informativ, und so umfangreich!
Ich sollte wirklich wiedermal Hirsotto kochen. 😉
Alles Liebe! Gerit
Danke Gerit, freut mich sehr, wenn Dir der Artikel gefällt. Ja, ich liebe Hirse, gerade als Frühstück mach ich auch meinen Hirsebrei so gerne. Und sie ist so vielseitig und einfach verwendbar.
LG Susanne