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26. März 2018

4 Kommentare

Karotten, ein Augentonikum

By Susanne Lindenthal

März 26, 2018

Wintergemüse

Ich mag Karotten! In jeder Variation. Schon als Kind durfte ich hin und wieder, wenn meine Mama welche im Garten angebaut hatte, Karotten frisch aus der Erde ziehen, dann nur schnell unter dem Gartenschlauch abspülen und hineinbeissen. Das war genauso toll wie Himbeeren oder Brombeeren direkt vom Strauch naschen, oder frische Haselnüsse aufknacken und noch grün essen oder Cocktailtomaten runternaschen, direkt von der Pflanze.

Das sind jene Kindheitserinnerungen, die mich sicherlich in Bezug auf Qualität echter Lebensmitteln massiv geprägt und die meine Affinität zur Botanik genährt haben.

Botanisch gesehen

Die Karotte [Daucus carota] zählt zur Familie der Doldenblütler [Apiaceae] und ist eine 2-jährige Pflanze. Man kennt sie auch unter den Namen Möhre, Mohrrübe, Gelbe Rübe und in der Schweiz heißt sie Rüebli. Zu den Doldenblütlern zählen auch Koriander, Kümmel und Fenchel, die wegen ihrer ätherischen Öle genutzt werden. Die Karotte bildet da eine Ausnahme, denn hier wird nicht der Samen genutzt, sondern die als Speicherorgan umfunktionierte Wurzel.

Botanisch gesehen ist die Karotte eine Rübe, und zwar eine sogenannte Bastrübe, d.h. die Hauptwurzel verdickt sich und bildet ein Speicherorgan, welches im zweiten Jahr der Pflanze als Nährstoffreservoir dient. Wenn man eine Karotte im Querschnitt betrachtet, fällt einem auf, dass sie aus zwei verschiedenen Schichten besteht: die äußere Rinde, die auch als Bast oder Phloem bezeichnet wird und der innere „Kern“, der fachlich korrekt Xylem oder Holzschicht genannt wird. Bei der Karotte ist das Phloem - also der Bast - viel stärker ausgeprägt, daher heißt sie Bastrübe. Wenn man sich dazu vergleichsweise den Rettich anschaut, der eine Holzrübe ist, sieht man, dass hier ist das Xylem wesentlich stärker ausgeprägt ist. Soviel zur Botanik der Rüben.

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​Als Kind habe ich immer die Bastschicht zuerst heruntergeknabbert und versucht sie vollständig vom Holzteil zu lösen - ohne natürlich zu wissen, was das ist. Spannend war das auch ohne das Hintergrundwissen 🙂

Ist die Karotte jetzt orange oder violett?

Karotten gibt es in den unterschiedlichsten Farben. Wenn man eine wild wachsende Karotte, die man durchaus noch auf vielen Wiesen hier bei uns findet, ausgräbt, dann hat sie meist eine weiße Farbe. Am intensiven Geruch nach Karotte erkennt man sie dann eindeutig als solche. Und dieser Geruch ist es auch, der dann wieder Kindheitserinnerungen wachruft. Erst im Herbst bin in mit meiner Shiatsu-Praktikerin, Andrea Hofmann, die neben ihrer Shiatsu-Praxis JOANDO auch Kräuterspaziergänge veranstaltet, auf einem solchen gewesen und wir haben auch wilde Karotten gefunden.

Die orangen Rüben, die man heute im Handel bekommt, sind durch die Zuchtwahl des Menschen wahrscheinlich aus Kreuzungen aller drei Ursprungsarten, nämlich der weißen, der gelben und der rotvioletten Form, entstanden. Die ältesten Belege über die Nutzung von Karotten gehen zurück bis in das antike Griechenland. Karotten sind heute aufgrund der guten Lagerfähigkeit das ganze Jahr über erhältlich. Geerntet werden sie von Ende Mai bis Ende November.

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Die Lagerung

Früher wurden Karotten am Land im Naturkeller gelagert und dabei hat sich das Vergraben in Sand sehr gut bewährt. Da ich solche Dinge immer sehr spannend finde, wollte ich das einmal ausprobieren.

Ich habe mir also eine Kiste organisiert, diese mit Sand befüllt und die Karotten darin eingegraben. Die Kiste stand auch sehr kühl, allerdings nicht in einem Naturkeller. So etwas kann meine städtische Wohnung nicht bieten. Leider sind die Karotten, die man heute im Handel bekommt, dafür nicht mehr wirklich geeignet. Denn diese werden in großen industriellen Reinigungsanlagen gereinigt, bevor sie den Weg zum Kunden antreten. Dabei wird die äußerste Schutzschicht, die Karotten natürlicherweise haben, verletzt.

Meine Karotten in der Sandkiste wurden sehr schnell schwarz und haben teilweise sehr bald zu faulen begonnen. So gut sie im Kühlschrank im Gemüsefach lagerfähig sind, so schlecht halten sie eine natürlichere Lagerung aus. Wer jedoch selbst Karotten anbaut und diese gleich aus der Erde in Sand in einem Naturkeller lagert, sollte damit gute Chancen haben, den ganzen Winter über dieses tolle Wurzelgemüse verwenden zu können. Wichtig dabei ist, die Karotten nur von der überschüssigen Erde zu befreien, aber nicht zu waschen.

Die inneren Werte

„Karotten sind gut für die Augen“, das haben unsere Großeltern schon verlauten lassen und das nicht zu Unrecht, denn Karotten haben einen hohen Anteil an β-Carotin. Je nach Sorte und Anbau schwankt der Carotin-Gehalt zwischen 5 und 30 mg pro 100 g Karotte. In Nährwerttabellen wird meist ein Durchschnittswert von ca. 10 mg pro 100 g Karotte angegeben.

Diese fettlösliche Vorstufe vom Vitamin A benötigt unser Körper um daraus Vitamin A für den Sehvorgang, für das Wachstum von Haut und Schleimhäuten, für die Funktion der roten Blutkörperchen und den Stoffwechsel herzustellen.

Übrigens, eine Überdosis an β-Carotin kann man mit echten Lebensmitteln, wie es also die Karotten sind, nicht bekommen. In Studien wurde festgestellt, dass gerade bei Rauchern eine erhöhte Zufuhr an β-Carotin (täglich mehr als 20 mg β-Carotin) das ohnedies erhöhte Lungenkrebsrisiko zusätzlich erhöht. Diese Studien wurden allerdings mit isoliertem β-Carotin durchgeführt. Wenn Du mich schon länger verfolgst, dann wirst Du vielleicht meinen Artikel Nahrungsergänzungsmittel - Nutzen oder Risiko? bereits gelesen haben.

Neben der Vitamin-A-Vorstufe enthalten Karotten nennenswerte Mengen an Kalium und Eisen. Rohe Karotten sind harntreibend und werden gerne als Mittel zum Entwässern eingesetzt, was sich mit dem Kalium-Gehalt von 355 mg pro 100 g Karotte auch gut erklären lässt.

Der Kohlenhydratanteil hängt mit dem Erntezeitpunkt zusammen. Frühkarotten enthalten einen höheren Zuckeranteil, später geerntete Karotten enthalten mehr Pektin (zählt zu den Ballaststoffen). Im Durchschnitt liefern Karotten in etwa 6,7 g Kohlenhydrate und 3,1 g Ballaststoffe bei nur 33 kcal pro 100 g Gemüse. Auch wenn es nicht so scheint, der Großteil (88 %) in so einer Karotte ist Wasser.

Was sagt die TCM dazu?

In der TCM werden Karotten dem Element Erde zugeordnet, haben einen süßen Geschmack und sind thermisch neutral. Sie haben einen besonderen Bezug zu den Organen Lunge, Milz und Leber. Das ist insbesondere deshalb spannend, denn das der Leber zugeordnete Sinnesorgan ist das Auge. So finden sich immer wieder Parallelen zwischen der modernen Ernährungswissenschaft und der Traditionellen Chinesischen Medizin. Hier werden Karotten besonders gerne bei Völlegefühlen, Blähungen und Spannungen im Oberbauch therapeutisch eingesetzt. Sie sollen aber auch bei Ödemen und chronischen Harnwegsinfekten positive Wirkungen zeigen. Karotten sind in der Lage das Qi zu vermehren, Yang zu wärmen, Nässe aufzulösen und die Säfte zu nähren.

Verwendung

Der Einsatz in der Küche ist vielfältig, man sollte nur immer darauf achten, sie stets mit etwas hochwertigem Fett zu reichen, damit das fettlösliche ß-Carotin auch aufgenommen werden kann.

Besonders beliebt scheint in letzter Zeit die Kombination mit Ingwer zu sein, denn eine Karotten-Ingwer-Suppe findet sich auch in so manchem modernen Lokal auf der Speisekarte. Klassisch in der Rindsuppe, in der Gemüsesuppe, ob klar oder gebunden, als Wurzelgemüse in Eintöpfen, mit und ohne Fleisch, die Karotte harmoniert durch ihre leichte Süße mit so gut wie jedem anderen Gemüse oder Fleisch. Auch roh in Salaten oder als gekochter Karottensalat macht sie sich als vitaminreiche Beilage. Selbst in der süßen Küche ist sie zuhause: ob orientalisch im Karotten-Halva oder klassisch bei uns zu Ostern in der Karottentorte, die ich Dir bereits als Rezept zur Verfügung gestellt habe. 

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​Und was Du unbedingt ausprobieren solltest, ist ein Karottenporridge. Besonders dann, wenn Du unter Unverträglichkeiten wie Fruktose-Malabsorption leidest, denn dann gehen viele Früchte nicht und Du kannst so trotzdem eine gutes und gehaltvolles Frühstück genießen. 

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​Was machst Du am liebsten mit Karotten? ​Schreib mir doch in einem E-Mail oder Kommentar Deine Lieblingsrezepte mit Karotten!

Susanne Lindenthal

ÜBER DIE AUTORIN

Mein Name ist Susanne Lindenthal und ich bin Deine Expertin in Sachen Verdauung. In meiner Brust schlagen zwei Herzen. Zum einen bin ich mit Leib und Seele Ernährungswissenschafterin, zum anderen bin ich der Traditionellen Chinesischen Medizin verfallen. In meinen Beratungen verbinde ich diese scheinbar konträren Welten und verhelfe Dir damit zu einem besseren Bauchgefühl.

  • Liebe Susanne,
    danke, für den ausführlichen Blogartikel über Karotten. Genau wie Du liebe liebe ich Karotten. Als TCM Therapeutin nutze ich mein Wissen natürlich auch für mich. Da ich etwas Magen-Qi Mangel habe, mir also das Element Metall fehlt, liebe ich Karotten-Ingwer-Suppe.
    Alles Liebe
    Annette

    • Liebe Annette,
      das freut mich, dass Dir der Artikel gefällt. Die TCM-Zuordnungen sind ja kein striktes System sondern können eher mit einem Fließgleichgewicht beschrieben werden. Das wird gerade bei der Karotte so deutlich. Vom Geschmack her wird sie – weil süß – dem Element Erde zugeordnet. Da sie aber durch ihren Organbezug auch auf Lunge (also Metall-Element) und Leber (Holz-Element) wirkt, kann sie je nach Erfordernis auch anderen Elementen zugeordnet werden. Ich finde immer spannend, wie sich das mit dem wissenschaftlichen Zugang der westlichen Ernährungsphysiologie deckt.
      LG Susanne

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